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2. Türchen

by P-Seminar "Utopie und Dystopie"

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Die Patrouille
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Die Patrouille
„Sehen Sie das ganz da hinten auch?“, frage ich, mit dem Finger auf einen leuchtenden Punkt zwischen den Bäumen zeigend, meinen Ausbilder Hank, der sich gerade mit mir auf meiner ersten Nachtpatrouille befindet. „Ja. Könnte ein Lagerfeuer sein. Vielleicht haben sich da ein paar Flüchtlinge einen Unterschlupf gebaut“, antwortet er mir. „Weißt du, was du zu tun hast?“ Ich nicke und gebe, wie in der Ausbildung gelernt, die nötigen Informationen über den Communicator an meinem linken Ärmel an die Hauptzentrale weiter: „Hier spricht Eugene-SC7502. Potenzieller Code 095 in Sektor S7D1. Beginne mich dem Ziel mit Hank-SC5468 zu nähern.“ Ich blicke zu Hank, entsichere mein Sturmgewehr und signalisiere ihm mit einem Nicken, dass wir losgehen können.
Wir nähern uns dem Licht an. Darauf bedacht so leise wie möglich zu sein und kein Geräusch beim Auftreten auf das Laub und den Müll zu verursachen. Da alle Mitarbeiter des State Security Departments mittlerweile nur noch Klone sind, sind Hank und ich - was den Körperbau betrifft - absolut identisch. Aber aufgrund seiner langjährigen Erfahrung fällt es Hank, trotz seines Alters, wesentlich leichter als mir sich lautlos fortzubewegen.
Wir haben uns dem Punkt unseres Interesses mittlerweile genug genähert, um sicher zu sein, dass die Höhle von Menschen bewohnt ist. Ich blicke zu Hank und sehe, wie er mich mit Handzeichen auffordert uns aufzuteilen, damit wir die Höhle von beiden Seiten flankieren können. Ich schwenke nach rechts aus und mache mich unauffällig auf den Weg zum Zugang, wo ich mich, so wie Hank auf der anderen Seite des Eingangs, gegen die Wand drücke. Er gibt mir durch ein Nicken zu verstehen, dass er bereit für den Zugriff ist. Ich atme noch einmal tief ein und wir betreten beide mit gezogenen Waffen die Höhle. Der Vorraum ist leer, doch hinten in einer angrenzenden kleineren Felsvertiefung können wir Menschen und ein kleines Feuer ausmachen. Hank hatte recht, Flüchtlinge. Wir bewegen uns langsam tiefer in die Höhle hinein, um die Verbindung zwischen den beiden Hohlräumen zu sichren, bevor sie unsere Anwesenheit bemerken.
Knirsch! Mein Schuh schrappt über den Boden. Die Flüchtlinge drehen geschockt ihre Köpfe in unsere Richtung. Die wenigen, die geschlafen haben, sind hellwach und zwei sind schon aufgestanden
und versuchen Richtung Ausgang zu sprinten. Glücklicherweise sind Hank und ich schon so nah am Durchgang, dass wir nur zwei Hechtsprünge nach vorne machen müssen, um den Weg zu blockieren und damit die beiden zum Stehenbleiben zu zwingen. Mit gezogener Waffe befehle ich: „State Security Department! Legen sie sich alle flach auf den Boden! Sie haben das Recht…“ „Das kannst du dir sparen“, unterbricht mich Hank. „Die sprechen unsere Sprache sowieso nicht.“ Tatsächlich. Die Leute weichenzwar aus Angst vor unseren Waffen zurück und pressen sich an die hintere Wand der Höhle, aber meinen Aufforderungen leistet niemand Folge. „Gib einfach den Standort an die Zentrale weiter, damit sie den Transporter schicken können.“ Ich löse meinen Blick von den verängstigten Flüchtlingen ab. „Hier Eugene-SC7502. Positiver Code 095. Ich lasse euch gleich die Koordinaten zukommen“, spreche ich in den Communicator und tippe anschließend auf dem Display den Knopf für die Standortübermittlung.
Ich will Hank gerade fragen, wie lange wir auf den Transporter, der sie ins Lager bringen wird, warten müssen, als er von hinten von einem Flüchtling angefallen wird. Ich will ihm zur Hilfe eilen, aber er hat den Angreifer schon unter Kontrolle und gekonnt über die Schulter zu den anderen geworfen.
„Alles klar bei Ihnen?“, frage ich Hank, mich schuldig fühlend, weil ich vergessen hatte mich zu vergewissern, dass niemand außerhalb der Höhle gewesen ist, bevor wir sie betreten haben. „Ja, aber achte das nächste Mal darauf, dass uns niemand von hinten angreifen kann. Das Gute ist, jetzt kann ich dir gleich eine Lektion in Sachen Umgang mit Aufsässigen erteilen“, erwidert er und packt gleich darauf den Mann, der versucht hat ihn zu attackieren, am Kragen und zerrt ihn vor meine Füße.
Ich werfe einen Blick auf den Mann und schaue fragend zu Hank: „Was soll ich mit ihm machen?“
„Ihn erschießen, damit er das bekommt, was er verdient hat. Hat auch den Vorteil, dass die anderen dann keine Dummheiten anstellen, weil sie wissen was passiert, wenn man sich widersetzt.“
„Könnte ich nicht einfach einen Warnschuss abfeuern.“
„Komm schon. Den ereilt im Lager sowieso der Tod und ein Schuss in die Wand hat nicht mal ansatzweise die gleiche Wirkung auf die anderen. Also los knall ihn ab! Den vermisst eh keiner.“
und versuchen Richtung Ausgang zu sprinten. Glücklicherweise sind Hank und ich schon so nah am Durchgang, dass wir nur zwei Hechtsprünge nach vorne machen müssen, um den Weg zu blockieren und damit die beiden zum Stehenbleiben zu zwingen. Mit gezogener Waffe befehle ich: „State Security Department! Legen sie sich alle flach auf den Boden! Sie haben das Recht…“ „Das kannst du dir sparen“, unterbricht mich Hank. „Die sprechen unsere Sprache sowieso nicht.“ Tatsächlich. Die Leute weichenzwar aus Angst vor unseren Waffen zurück und pressen sich an die hintere Wand der Höhle, aber meinen Aufforderungen leistet niemand Folge. „Gib einfach den Standort an die Zentrale weiter, damit sie den Transporter schicken können.“ Ich löse meinen Blick von den verängstigten Flüchtlingen ab. „Hier Eugene-SC7502. Positiver Code 095. Ich lasse euch gleich die Koordinaten zukommen“, spreche ich in den Communicator und tippe anschließend auf dem Display den Knopf für die Standortübermittlung.
Ich will Hank gerade fragen, wie lange wir auf den Transporter, der sie ins Lager bringen wird, warten müssen, als er von hinten von einem Flüchtling angefallen wird. Ich will ihm zur Hilfe eilen, aber er hat den Angreifer schon unter Kontrolle und gekonnt über die Schulter zu den anderen geworfen.
„Alles klar bei Ihnen?“, frage ich Hank, mich schuldig fühlend, weil ich vergessen hatte mich zu vergewissern, dass niemand außerhalb der Höhle gewesen ist, bevor wir sie betreten haben. „Ja, aber achte das nächste Mal darauf, dass uns niemand von hinten angreifen kann. Das Gute ist, jetzt kann ich dir gleich eine Lektion in Sachen Umgang mit Aufsässigen erteilen“, erwidert er und packt gleich darauf den Mann, der versucht hat ihn zu attackieren, am Kragen und zerrt ihn vor meine Füße.
Ich werfe einen Blick auf den Mann und schaue fragend zu Hank: „Was soll ich mit ihm machen?“
„Ihn erschießen, damit er das bekommt, was er verdient hat. Hat auch den Vorteil, dass die anderen dann keine Dummheiten anstellen, weil sie wissen was passiert, wenn man sich widersetzt.“
„Könnte ich nicht einfach einen Warnschuss abfeuern.“
„Komm schon. Den ereilt im Lager sowieso der Tod und ein Schuss in die Wand hat nicht mal ansatzweise die gleiche Wirkung auf die anderen. Also los knall ihn ab! Den vermisst eh keiner.“
Während meiner Zeit in der Ausbildungszentrale für Surveillance Klone ist zwar immer wieder gesagt worden, dass man im Dienst irgendwann jemanden erschießen muss. Theoretisch klingt das leicht. Doch tatsächlich auf jemanden zu schießen war etwas ganz anderes. Ich richte mein Gewehr auf seinen Kopf. Höre wie er anfängt auf einer mir fremden Sprache um Gnade zu flehen. Sehe die Angst in seinen Augen. Habe meinen Zeigefinger auf dem Abzug. Weiß, dass ich abdrücken sollte. Doch ich schaffe es nicht, sondern lasse das Gewehr sinken und entspanne meinen Finger. „Ich kann das nicht“, gebe ich an Hank gewandt zu. Er schweigt einen Moment und nickt mit nachdenklichem Gesichtsausdruck. „Gut. Vielleicht fehlt einfach die richtige Motivation!“, murrt er und richtet dabei seine Waffe auf mich. „Erschieß den Mann. Das ist ein Befehl!“ Ich bin wie eingefroren, geschockt von Hank und schaffe es gerade so ein gequetschtes „Ich kann das nicht“ hervor zu pressen. „Du widersetzt dich meinem Befehl? Ist dir sein Leben wichtiger als deins?!“, schreit er mich an. Die Flüchtlinge zucken aufgrund der Härte in seiner Stimme zusammen. Langsam hebe ich mein Gewehr wieder an und richte es auf die Person vor mir auf dem Boden. „Gut und jetzt betätige den Abzug.“ Ich kann meine Hände in den Handschuhen schwitzen fühlen und alles in mir ist so angespannt, dass ich kaum noch atmen kann. „Okay, du hat noch drei Sekunden und dann wird jemand nicht mehr unter uns weilen. Wer dieser jemand sein wird, liegt ganz bei dir.“ Ich schlucke heftig. „Eins!“ Der Mann vor mir fleht mittlerweile nicht mehr nur, sondern weint auch. „Zwei!“ Meine Hände umschließen die Feuerwaffe fester. „Drei!“ Ich betätige den Abzug. Aber nicht bevor ich den Lauf des Gewehrs in Richtung des anderen Schützen gerissen habe.
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