LRS / Legasthenie Handreichung

Beispiel DRT 5 (Durchführung) (Oktober bis Januar)

„In jedem Satz fehlt ein Wort, das ich euch diktieren werde, und ihr schreibt das Wort in die Lücke. Ich nenne zuerst die Nummer des Satzes, dann sage ich den ganzen Satz und dann nochmals das fehlende Wort. Schreibt danach bitte das fehlende Wort in die Lücke.“ Fehler: ausgelassene Wörter, Einsetzen von anderen als den diktierten Wörtern, unklare Schreibweisen. Kein Fehler: Richtige Wörter in der falschen Zeile, fehlende Punkte auf i, ä, ö, ü und t-Striche

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Ina Samel Studienseminar Braunschweig für das Lehramt an Gymnasien

Ina Samel @vokabellerner.bsky.social (bluesky) @inasamel@bildung.social (Fediverse)

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Verteilung von T-Werten und Prozenträngen in einer Normalverteilung

Abbildung angelehnt an <a href="https://www.rim.uni-rostock.de/storages/uni-rostock/Alle_PHF/RIM/Downloads/RIM-Evaluationsbericht-MZP8_Internet.pdf">https://www.rim.uni-rostock.de/storages/uni-rostock/Alle_PHF/RIM/Downloads/RIM-Evaluationsbericht-MZP8_Internet.pdf</a>, letzter Zugriff 08.01.2024

Literaturtipps (Auswahl)

<ul><li><a href="https://www.psychometrica.de/elfe2_leseverstaendnis.html">https://www.psychometrica.de/elfe2_leseverstaendnis.html</a></li><li><a href="https://www.studocu.com/en/document/ludwig-maximilians-universitaet-muenchen/einfuehrung-in-die-sprachdidaktik-deutsch/summaries/deutsch-didaktik-kurz/3936668/view">https://www.studocu.com/en/document/ludwig-maximilians-universitaet-muenchen/einfuehrung-in-die-sprachdidaktik-deutsch/summaries/deutsch-didaktik-kurz/3936668/view</a></li><li><a href="https://www.testzentrale.de">https://www.testzentrale.de</a></li><li>Cathrin Rattay: LRS/Legasthenie in der Sekundarstufe. Das Praxisbuch. Auer Verlag, Augsburg 2015.</li><li>Franziska Schlamp-Diekmann (Hg.):&nbsp;LRS-Fördermaterialien. Materialband: Rechtschreiben 5-10. Auer Verlag, 3 2019.</li><li>Franziska Schlamp-Diekmann (Hg.):&nbsp;LRS-Fördermaterialien. Materialband: Lesen 5-6. Auer Verlag, 2 2018.</li><li>Ute Engelien und Franziska Westerhaus: Gezielt fördern. Intensivkurs LRS 5/6. Cornelsen, Berlin 42019.</li><li>Astrid Müller, Melanie Bangel: Wörtern und Sätzen auf der Spur. Kallmeyer in Verbindung mit Klett, Friedrich Verlag, 1. Auflage, Seelze 2018.</li><li>Astrid Müller: Rechtschreiben lernen. Die Schriftstruktur entdecken – Grundlagen und Übungsvorschläge. Kallmeyer in Verbindung mit Klett, Friedrich Verlag, zweite Auflage, Seelze 2017.</li><li>Kleinmann, Klaues: Die Wortbaustelle. Morphemtraining für LRS-Schüler. 5.-7. Klasse. Brigg Verlag, fünfte Auflage, Friedberg 2019.</li><li>Gerhard Augst/ Mechthild Dehn: Rechtschreibung und Rechtschreibunterricht. Kallmeyer in Verbindung mit Klett. Friedrich Verlag GmbH, Seelze 5 2013.</li><li>Cornelia Rosebrock, Daniel Nix, Carola Rieckmann, Andreas Gold: Leseflüssigkeit fördern. Lautleseverfahren für die Primar- und Sekundarstufe. Kallmeyer in Verbindung mit Klett. Friedrich Verlag GmbH, Hannover 2011.</li><li>Wolfgang Lenhard: Leseverständnis und Lesekompetenz. Grundlagen - Diagnostik - Förderung. Kohlhammer, Stuttart 2013.</li><li><a href="https://www.beate-lessmann.de/">Beate Leßmann - Home (beate-lessmann.de)</a>, zuletzt abgerufen am 16.01.2024</li><li>Erlass: <a href="http://bit.ly/3cUe4YV">bit.ly/3cUe4YV</a>, zuletzt abgerufen am 16.01.2024</li><li><a href="https://www.bfarm.de/DE/Kodiersysteme/Klassifikationen/ICD/ICD-11/_node.html">https://www.bfarm.de/DE/Kodiersysteme/Klassifikationen/ICD/ICD-11/_node.html</a>, zuletzt abgerufen am 16.01.2024</li></ul>

Normwerte sind dabei ein Maßstab, um die individuelle Leistung eines Probanden zu den Ergebnissen einer Vergleichsgruppe in Beziehung zu setzen. Der Durchschnittsbereich bei den T-Werten liegt zwischen 40 und 59 Punkten. Der Mittelwert entspricht einem T-Wert von 50, die Standardabweichung beträgt 10 T-Wert-Punkte. (Intervallskalierung)

Für die Interpretation sehr bedeutsam ist, dass Prozentränge lediglich die relative Position (den Rang) einer Person innerhalb der Normstichprobe anzeigen. Sie sagen also nichts zu der Frage, wie groß die Abstände zwischen benachbarten Prozentrangplätzen sind. (Rangskalierung)

In der Folge wurden Kinder, die ausgesprochene Schwierigkeiten ausschließlich beim Lesen und Rechtschreiben, nicht aber in anderen Fächern hatten, nicht mehr in „Sonderschulen“ beschult. Legasthenie war vom medizinischen Krankheitsbild zur Lernstörung bzw. Teilleistungsschwäche geworden.

Nach ICD 10 eine umschriebene und bedeutsame Beeinträchtigung in der Entwicklung der Lesefertigkeiten, die nicht allein durch das Entwicklungsalter, Visusprobleme oder unangemessene Beschulung erklärbar ist. Nach ICD 11 Eingruppierung als Lernstörung bei den "Neurodevelopmental Disorders" zusammen mit ADHS, Depressionen, Autismus, Tourette und Schizophrenie. Das Diskrepanzkriterium wurde als diagnostisches Kriterium beibehalten, obgleich das nicht mehr von der Forschung unterstützt wird.

Wer stellt die Diagnose?

niedergelassene <ul><li>Ärzt:innen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie</li><li>Kinder- und Jugendpsychotherapeut:innen</li><li>psychologische Psychotherapeut:innen</li><li>Sozialpädiatrische Zentren</li></ul> Wartezeiten auf Termine betragen häufig mehrere Monate, auch die Diagnostik erfordert Zeit. Bis dahin brauchen die Lernenden Ihre Unterstützung. Zeigen Sie nicht nur auf, was nicht klappt, sondern stellen Sie Gelungenes heraus!

Standardisierte Tests: Ausgewählte Beispiele Rechtschreibtests

Beziehung gestalten Verhalten wertschätzend wahrnehmen und rückmelden Lernprozesse gestalten Lernstand diagnostizieren und analysieren (informell oder durch standardisierte Tests)&nbsp; offen für die Zusammenarbeit in multiprofessionellen Teams sein

Warum Korrekturen wichtig sind

Beim Lesen von Texten ist die Dekodiergenauigkeit wichtig. Studien (u.a. T. Rasinski) haben gezeigt, dass das Textverstehen erst ab einer Dekodiergenauigkeit von 96 % ohne Hilfe möglich ist. Bei einer Dekodiergenauigkeit von unter 90 % bewegen sich die Lernenden im Bereich des Frustrationsniveaus.

Vgl. dazu z.B. <a href="https://www.lmu-klinikum.de/kinder-und-jugendpsychiatrie/forschung/info-legasthenie/diagnostik/64110064b2f7ff52">Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie | Diagnostik (lmu-klinikum.de)</a>, letzter Zugriff 08.01.2024

Den Begriff Legasthenie prägte 1916 der ungarische Psychiater und Arzt Paul Ranschburg. „Legastheniker“ meinte Menschen mit hirnorganischen Störungen oder Lernschwäche, Legasthenie wurde also als eine Art Erkrankung begriffen.

SLRT-II (Salzburger Lese- und Rechtschreibtest) (Moll, Landerl 2014): misst die Leseflüssigkeit (Lesegeschwindigkeit und Lesegenauigkeit) durch lautes Vorlesen aus einer Wörterliste (Anzahl der gelesenen Wörter pro Minute abzüglich der falsch gelesenen Wörter) <ul><li>zwei Untertests : normale Wörter (z.B. Haus) und Pseudowörter(z.B. Luno). (direktes, automatisiertes Lesen&nbsp;und synthetisierendes Lesen) </li><li>Normwerte für die Klassenstufen 1 bis 6. Leider gibt es nur Prozentränge.</li></ul>

Der LGVT 5-12+ (2017) dient der differenzierten Ermittlung von Lesegeschwindigkeit, Lesegenauigkeit und Lese-verständnis in den Klassen 5 bis 13. Anwendbar als Gruppen- und Einzeltest. Innerhalb einer fest vorgegebenen Bearbeitungszeit sollen in einem Fließtext an maximal 47 Textstellen eines von drei vorgegebenen Wörtern ausgewählt werden, das am besten in den Sinnzusammenhang passt. Die Anzahl der gelesenen Wörter, die Anzahl der korrekten Lösungen und schließlich das Verhältnis zwischen bearbeiteten und korrekt gelösten Items werden als Kennwerte für Lesegeschwindigkeit, Lese-verständnis und Lesegenauigkeit herangezogen. Paralleltexte ermöglichen Mehrfachtestungen zur Verlaufs-diagnostik.

Begriffsklärung ab S. 7 Diagnostik ab S. 16 Basiswissen ab S. 24 standardisierte Tests ab S. 30 Förderbausteine ab S. 42

Ergänzung durch Bilder oder QR-Codes mit einer Hörfassung Hilfsmittel (Fotografieren von Tafelanschrieben, auch zum weiteren Abschreiben am Platz ohne Zeitdruck, Schreiben am PC oder Tablet, setzt aber auch hier eine Automatisierung voraus, um das Arbeitsgedächtnis zu entlasten)

Lautfehler (bluten-pluten) Buchstabenverbindungen: pf-Fehler (Pferd/ Ferd) st/sp-Fehler (Schtraße, Schpaß) qu-Fehler (Kwelle) Verdopplungsfehler/Dehnungsfehler tz/ck-Fehler (tz und ck zur Konsonanten-Dopplung) i/ie-Fehler ver-/vor-Fehler (Präfixe), Endungen (-heit, …) Verlängerung/Ableiten (Hand/Hant – Hände) Groß-/Kleinschreibung&nbsp;

Der Schüler oder die Schülerin macht auffallend viele Fehler beim freien Schreiben, aber auch beim Ab-schreiben. Beobachtbar sind das Auslassen, Verdrehen, Hinzufügen, Ersetzen von Wörtern oder Wortbestandteilen beim Lesen und / oder Schreiben.

Beachten Sie dabei mögliche Beobachtungsfehler, ziehen Sie keine voreiligen Schlüsse, tauschen Sie sich mit Kolleg:innen aus. Berücksichtigen Sie Ihre Grenzen sowie die Kompetenzen und Möglichkeiten anderer Professionen.

individuelle Ausgestaltung von Hilfen im Sinne eines Nachteilsausgleichs

Ein Nachteilsausgleich ist eine Anpassung der äußeren Rahmenbedingungen und darf keine Veränderung der inhaltlichen Anforderungen bewirken. Es ist damit auch keine Bevorzugung, sondern ein Schaffen gleicher Bedingungen. In Niedersachsen ist ein Beschluss der Klassenkonferenz erforderlich, Hilfen im Sinn eines Nachteilsausgleichs erscheinen nicht auf dem Zeugnis.

Standardisierte Tests: Ausgewählte Beispiele Lesetests

Mehrstufenmodell nach Scheerer-Neumann auf Basis des Modells von Frith

Wolfgang Lenhard: Leseverständnis und Lesekompetenz, Kohlhammer 2013, S. 15, entnommen <a href="https://eldorado.tu-dortmund.de/bitstream/2003/38108/1/Anderson_2018.pdf">https://eldorado.tu-dortmund.de/bitstream/2003/38108/1/Anderson_2018.pdf</a>, zuletzt aufgerufen am 8.01.2024

Erlass (Niedersachsen): Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben ICD-10: Lese- und Rechtschreibstörung (LRS) (F81.0) ICD-10: isolierte Rechtschreibstörung (F81.1) seit Januar 2022 wird zunehmend die Neuklassifikation der ICD-11 verwendet: isolierte Lesestörung: 6A03.0 isolierte Rechtschreibstörung 6A03.1 sowie die Kombination aus beiden. (<a href="https://www.psychometrica.de/tls.html">https://www.psychometrica.de/tls.html</a>)

Die Rechtschreibleistung lässt sich am effektivsten durch systematische Instruktionen der Laut-Buchstaben-Korrespondenzen, Übungen zur Laut-, Silben- und Morphemanalyse sowie mit Trainingsverfahren zum Erwerb und Einsatz orthografischer Regelmäßigkeiten (Strategien) steigern. Auch hier genügen unterrichtsbegleitende Angebote im zielgleichen Unterricht nicht.

Standardisierte Tests als Grundlage der Förderung

Standardisierte Tests können helfen, individuelle Förder-angebote zu entwickeln. Im Folgenden werden ausgewählte Tests kurz vorgestellt. Sie dürfen in der Regel nur von berechtigten Personen durchgeführt werden.&nbsp;Ferner sind notwendige Rahmen-bedingungen in der Schule zumeist nicht gegeben.

geeignete didaktische Konzepte umsetzen (z.B. Astrid Müllers graphematisches Konzept) Strategien vermitteln Wörter „puzzeln“ aus häufigen Prä- und Suffixen, Wörter kombinieren Texte puzzeln oder entflechten lassen Rechtschreibgespräche führen lassen (initiiert über Impulse und Wortkarten)

Es ist außerdem deutlich schwieriger, Argumentations-strategien zu erkennen. Daher sollten alle Lernenden immer auch den Originaltext erhalten. Zum Erkennen entsprechender Textstellen helfen wiederum Rand-bemerkungen.

Legasthenie und Lese-Rechtschreibschwäche wurden zeitweilig als Ausdruck für unterschiedlich starke Ausprägungen eines Phänomens verwendet. 1978 strich die KMK den Begriff „Legasthenie“ für den schulischen Gebrauch, um den Blick von der Pathologisierung der Lernschwierigkeiten auf Diagnostik und Therapie zu lenken.

Gutachten interpretieren: ein paar Zahlen…

<ul><li>IQ 85-99 niedriges Niveau im Normalbereich</li><li>IQ 100 Normwert (mittlerer Durchschnitt)</li><li>IQ 101-114 hohes Niveau im Normalbereich</li><li>IQ 115-129 überdurchschnittliche Intelligenz</li><li>ab 130 "Hochbegabung"</li></ul>

ELFE II (Lenhard, Lenhard und Schneider, 2018): misst Leseverständnis und Lesegeschwindigkeit Beim Wortverständnistest muss aus vier Wörtern das passende Wort zum Bild ausgesucht werden, beim Satzverständnistest muss in eine Satzlücke ein passendes Wort eingefügt werden. Hierfür stehen fünf Wörter zur Auswahl. Beim Textverständnistest liest der Schüler einen kleinen Text mit einer dazugehörigen Frage und muss dann die richtige Antwort auswählen. <ul><li>Für die einzelnen Untertests existieren Zeitbe-grenzungen.</li><li>Normwerte für Klasse 1-7 in T-Werten und Prozent-rängen</li></ul>

Beim DRT 5 zeigt sich am Gymnasium ein Deckeneffekt: Bei vielen Schüler:innen treten nur wenige Fehler auf. Der Test differenziert in Gymnasien nur bei rechtschreibschwachen Schüler:innen. Das kann deshalb akzeptiert werden, weil es nicht um eine Leistungssituation im Sinn einer Klassenarbeit geht, sondern um das Erfassen von Schüler:innen, die eine gezielte Förderung benötigen.

Etwa 40 % bis 60&nbsp;% der Kinder mit einer LRS zeigen psychische Symptome, auch mit Krankheitswerten: <ul><li>Ängstlichkeit, Traurigkeit, </li><li>vermindertes Selbstwirksamkeitserleben</li><li>verringerte Aufmerksamkeit, die sich zum Teil in psychosomatischen Symptomen wie Kopf- und Bauchschmerzen, Übelkeit, Antriebslosigkeit zeigen kann. </li><li>Störungen des Sozialverhaltens treten statistisch gehäuft auf.</li></ul>

Möglichkeiten der Ausgestaltung von Hilfen im Sinne eines Nachteilsausgleichs

Hilfreich ist eine Aufbereitung des Materials: optische Klarheit: <ul><li>Schriftgrößen (≥&nbsp;14&nbsp;pt), </li><li>angepasste Buchstaben-, Wort- und Zeilenabstände (≥&nbsp;2,5&nbsp;pt), </li><li>Mediopunkte zur Verdeutlichung der Wortbestandteile, </li><li>Zeilenumbrüche (vor allem in Aufgabenstellungen), die Sinnabschnitten entsprechen</li></ul>

Was sollte mich aufmerksam machen?

Der Schüler oder die Schülerin <ul><li>möchte / kann nicht vorlesen</li><li>kann Aufgabenstellungen nur mit Hilfe erschließen</li><li>entwickelt kein klares Schriftbild, hält Seitenränder kaum ein</li><li>zeigt Vermeideverhalten (geht vom „Vergessen“ bis zum Vernichten von Arbeitsmaterial)</li><li>klagt häufiger über Kopfschmerzen, Bauchschmerzen etc.</li></ul> Diese Anzeichen können auf eine LRS hinweisen, müssen aber nicht; auch andere Ursachen sind möglich. Wichtiger ist hier, bei häufigen körperlichen Beschwerden die Annahme einer LRS überhaupt in Erwägung zu ziehen.

Die Schweizer Psychologin Maria Lindner definierte den Begriff 1951 für den deutschsprachigen Raum neu. Lindner unterschied zwischen einer Legasthenie und einer Lernschwäche; Legasthenie sei „eine spezielle, aus dem Rahmen der übrigen Leistungen fallende Schwäche im Erlernen des Lesens bei sonst intakter – oder im Verhältnis zur Lesefertigkeit relativ guter – Intelligenz“. (Diskrepanzdefinition)

Vgl. <a href="https://www.psychometrica.de/elfe2.html">https://www.psychometrica.de/elfe2.html</a>, zuletzt abgerufen am 09.01.2024

Elaborative Strategien zum Verstehen vermitteln: Vorwissen zum Thema und der Textsorte integrieren, eigene Fragen an den Text stellen, … Reduktiv-organisierende Strategien zum Behalten: Lesespuren einfordern (Markierungen, Randbemerkungen), Textaussagen verbildlichen (z. B. in Mind Maps, Schaubildern, Diagrammen), vielfältige Textzugänge ermöglichen Lautleseverfahren und Vielleseverfahren anwenden

In allen Lerngruppen aller Schulstufen und Schulformen gibt es Schüler*innen, deren Lese- und Rechtschreibleistungen im Vergleich zu den Leistungen der anderen Mitglieder der Lerngruppe deutlich schwächer sind. Jetzt kann es sein, dass diese Lernenden einfach nur "schwache" Le-ser*innen oder Rechtschreiber*innen sind. Es kann aber genauso gut sein, dass mehr dahintersteckt.

Wie kann ich als Lehrer*in unterstützend tätig sein?

Lernende ermutigen (Fehlerkultur, auch kleinste Fortschritte loben) Eltern ermutigen (darin, professionelle Diagnostik und multimodale Therapieangebote wahrzunehmen und Geduld mit ihrem Kind zu haben) Nachteilsausgleiche in Lern- und Leistungssituationen individuell, kreativ und kooperativ entwickeln und konsequent umsetzen

Beim IQ-Diskrepanz-Kriterium soll für die Diagnose-stellung sichergestellt werden, dass unterdurch-schnittliche Leistungen im Lesen oder Rechtschreiben vorhanden sind. Die Diskrepanz zur Altersnorm oder Klassennorm soll mindestens eine Standardabweichung (SD) betragen. PR ≤ 16, T ≤ 40

Ausschlusskriterien für die Diagnose „LRS“

• Seh- oder Hörstörungen • geistige Beeinträchtigung • erworbene hirnorganische Erkrankungen • unangemessene Beschulung • besondere emotionale Belastungen

DRT5 (Diagnostischer Rechtschreibtest für 5. Klassen, Grund, Leonhart, Naumann, Neunormierung 2015, erschienen 2017) Es werden 51 Wörter nach Diktat in Lückensätze eingetragen, die inhaltlich nicht zusammenhängen; 35 Minuten, schulformspezifische Normwerte (T-Werte und Prozentränge) Qualitative Auswertung: Zahl richtig geschriebener Wörter Quantitative Auswertung nach Fehlertypen

Texte können vereinfacht werden, indem die Dichte an Informationen reduziert wird. Sehr lange Sätze können in mehrere Hauptsätze umformuliert werden. Bei der Ver-wendung von Nebensätzen können Konnektoren durch Fettdruck oder farbige Hervorhebungen klarer erkennbar gemacht werden, ferner sollten Nominalisierungen und unnötige Attribute vermieden werden.

weitere Möglichkeiten zur Vereinfachung:

<ul><li>Verwendung direkter Rede anstelle indirekter Rede</li><li>Aktiv statt Passiv</li><li>Ergänzung von Zwischenüberschriften</li><li>Hervorhebung und Erläuterung von Fachbegriffen, die als "Vokabeln" gelernt werden müssen</li><li>Audiodateien mit Hörfassungen. Diese können über QR-Codes zugänglich gemacht werden. Datenschutzkonform sind zum Beispiel QR-Storage bei kits.blog oder auch TaskCards. (Achtung: bei jüngeren Schüler*innen muss der Umgang geübt werden, ferner werden Kopfhörer benötigt!)</li></ul>

Bei der Vereinfachung von Texten geht es darum, die Erfassung des Inhalts zu erleichtern. Mit der Vereinfachung gehen jedoch viele Informationen hinsichtlich der Textgestaltung verloren, z.B. Besonder-heiten von Lexik und Syntax, stilistische Mittel. Das ist insbesondere bei literarischen Texten problematisch. Sie verlieren an Literarizität.

Die Leseleistung kann am wirkungsvollsten mit systematischen Instruktionen der Buchstaben-Laut-Korrespondenzen sowie der Buchstaben-Silben- und Morphem-Synthese aufgebaut werden.&nbsp; Auch Automatisierung spielt eine große Rolle. Unterrichtsbegleitend ist das im zielgleichen Unterricht kaum / nicht möglich.

HSP: Die Hamburger Schreibprobe (Mai bis Juni)

Die HSP 1-10 prüft die Anwendung dreier Rechtschreibstrategien: <ul><li>alphabetische Strategie (Laut-Buchstaben-Zuordnung) </li><li>orthographische (regelorientiertes Schreiben)</li><li>morphematische Strategie (an Wortbausteinen orientiertes Schreiben)</li></ul>Die HSP+ 5-10 EK (Erweiterte Kompetenzen, May, Malitzky, Vieluf, Neunormierung 2016) fokussiert außerdem kontextabhängige Aspekte (Großschreibung, Semantik, Satzgrammatik, Satzzeichen); es müssen Fehler in einem Fehlertext gefunden werden.

vereinfachende Grafik auf Basis verschiedener Darstellungen, erstellt von Ina Samel

Eine weitere Grundlagen für das Lesen und Schreiben ist die Raum-Lage-Wahrnehmung. (Beispiel: p, b, d, q) Besonders Kinder, die nicht oder wenig gekrabbelt sind, haben (statistisch) häufiger Schwierigkeiten mit der Wahrnehmung der Raum-Lage-Beziehungen. Die Raum-Lage-Wahrnehmung kann durch das Training von Überkreuzbewegungen aller Art verbessert werden, außerdem durch das Ausüben verschiedener Sportarten. Ein "Lernen statt Vereinssport" ist also nicht zielführend.

Eine der Grundlagen für das Lesen und Schreiben ist die phonologische Bewusstheit (die Fähigkeit, die Auf-merksamkeit auf die formalen bedeutungstragenden Eigenschaften der gesprochenen Sprache zu richten) Reimerkennung, Silbengliederung Diese Vorläuferfertigkeiten erwerben Kinder in den ersten Ansätzen bereits in der frühen Kindheit.

<ul><li>regelmäßig informell erhobene Beobachtungen dokumentieren</li><li>Lernstände mit den Schülerinnen und Schülern sowie den Eltern kommunizieren</li><li>gemeinsam über Fördermöglichkeiten sprechen und SMARTe Ziele vereinbaren</li><li>Strategien gezielt vermitteln</li></ul>

SMARTe Ziele sind spezifisch formuliert, die Zielerreichung ist messbar, das Ziel ist attraktiv und die Erreichung realistisch, die Evaluation und Überarbeitung ist terminiert.

Sollten bei einem Schüler oder einer Schülerin eine LRS vorliegen, tauchen Schwierigkeiten in allen Fächern auf. Mit zunehmender Komplexität von Unterrichtsmaterialien treten die Nachteile deutlicher zutage. Es liegt in der Verantwortung der unterrichtenden Lehrpersonen sowie der Erziehungsberechtigten, gemeinsam im Interesse des Kindes bzw. Jugendlichen zu handeln.

Rechtschreibstörungen treten sehr häufig zusammen mit Leseschwierigkeiten auf, persistieren oft bis in die Adoleszenz trotz der Verbesserungen von Lesefertigkeiten. Häufig sind schon Vorläuferfertigkeiten wie z.B. Sprachunterscheidung und Lautgedächtnis vor Beginn der Schulzeit nicht altersgerecht entwickelt. (Laute und Reime erkennen, Silben erkennen) Etwa 5% - 7% der Bevölkerung sind betroffen.

Obwohl die LRS zu den psychischen Erkrankungen laut Klassifizierung gehört, ist sie bis heute nicht als Erkrankung im Sinne des Sozialgesetzbuches V anerkannt. Daher erfolgt die Finanzierung der Behandlung der LRS auch nicht als kassenärztliche Leistung. Ausnahmen bestehen insofern, wenn bei einzelnen Kindern mit einer LRS zusätzlich deutliche rezeptive und expressive Sprachstörungen oder motorische Entwicklungsstörungen vorliegen, sodass im Rahmen einer logopädischen oder ergotherapeutischen Behandlung die Förderung des Schriftspracherwerbs zum Teil mit erfolgt. Eine solche Förderung ist nicht ausreichend, um die Symptomatik der LRS entscheidend zu beeinflussen.&nbsp;

Warum Korrekturen wichtig sind

Rechtschreibfehler sollten immer gekennzeichnet wer-den. Ferner sollte am Rand das Wort in seiner (vollstän-digen) korrekten Schreibung aufgeführt werden. Die Kategorisierung von Fehlern nach Rechtschreibstrategien ist Ausgangspunkt für individuelle Fördermaßnahmen. Es kann für die Lernenden ermutigend sein, wenn sie erkennen, dass sie zwar viele Fehler machen, diese aber mit wenigen Strategien sukzessive vermeiden können.

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