In allen Lerngruppen aller Schulstufen und Schulformen gibt es Schüler*innen, deren Lese- und Rechtschreibleistungen im Vergleich zu den Leistungen der anderen Mitglieder der Lerngruppe deutlich schwächer sind. Jetzt kann es sein, dass diese Lernenden einfach nur "schwache" Le-ser*innen oder Rechtschreiber*innen sind. Es kann aber genauso gut sein, dass mehr dahintersteckt.
Sollten bei einem Schüler oder einer Schülerin eine LRS vorliegen, tauchen Schwierigkeiten in allen Fächern auf. Mit zunehmender Komplexität von Unterrichtsmaterialien treten die Nachteile deutlicher zutage. Es liegt in der Verantwortung der unterrichtenden Lehrpersonen sowie der Erziehungsberechtigten, gemeinsam im Interesse des Kindes bzw. Jugendlichen zu handeln.
Was sollte mich aufmerksam machen?
Der Schüler oder die Schülerin
Diese Anzeichen können auf eine LRS hinweisen, müssen aber nicht; auch andere Ursachen sind möglich. Wichtiger ist hier, bei häufigen körperlichen Beschwerden die Annahme einer LRS überhaupt in Erwägung zu ziehen.
- möchte / kann nicht vorlesen
- kann Aufgabenstellungen nur mit Hilfe erschließen
- entwickelt kein klares Schriftbild, hält Seitenränder kaum ein
- zeigt Vermeideverhalten (geht vom „Vergessen“ bis zum Vernichten von Arbeitsmaterial)
- klagt häufiger über Kopfschmerzen, Bauchschmerzen etc.
Diese Anzeichen können auf eine LRS hinweisen, müssen aber nicht; auch andere Ursachen sind möglich. Wichtiger ist hier, bei häufigen körperlichen Beschwerden die Annahme einer LRS überhaupt in Erwägung zu ziehen.
Der Schüler oder die Schülerin macht auffallend viele Fehler beim freien Schreiben, aber auch beim Ab-schreiben.
Beobachtbar sind das Auslassen, Verdrehen, Hinzufügen, Ersetzen von Wörtern oder Wortbestandteilen beim Lesen und / oder Schreiben.
Beobachtbar sind das Auslassen, Verdrehen, Hinzufügen, Ersetzen von Wörtern oder Wortbestandteilen beim Lesen und / oder Schreiben.
Beachten Sie dabei mögliche Beobachtungsfehler, ziehen Sie keine voreiligen Schlüsse, tauschen Sie sich mit Kolleg:innen aus.
Berücksichtigen Sie Ihre Grenzen sowie die Kompetenzen und Möglichkeiten anderer Professionen.
Berücksichtigen Sie Ihre Grenzen sowie die Kompetenzen und Möglichkeiten anderer Professionen.
Loading...
Inhalt:Loading...
Begriffsklärung ab S. 7Diagnostik ab S. 16
Basiswissen ab S. 24
standardisierte Tests ab S. 30
Förderbausteine ab S. 42
Loading...
"Legasthenie"Loading...
Den Begriff Legasthenie prägte 1916 der ungarische Psychiater und Arzt Paul Ranschburg.„Legastheniker“ meinte Menschen mit hirnorganischen Störungen oder Lernschwäche, Legasthenie wurde also als eine Art Erkrankung begriffen.
Die Schweizer Psychologin Maria Lindner definierte den Begriff 1951 für den deutschsprachigen Raum neu.
Lindner unterschied zwischen einer Legasthenie und einer Lernschwäche;
Legasthenie sei „eine spezielle, aus dem Rahmen der übrigen Leistungen fallende Schwäche im Erlernen des Lesens bei sonst intakter – oder im Verhältnis zur Lesefertigkeit relativ guter – Intelligenz“. (Diskrepanzdefinition)
Lindner unterschied zwischen einer Legasthenie und einer Lernschwäche;
Legasthenie sei „eine spezielle, aus dem Rahmen der übrigen Leistungen fallende Schwäche im Erlernen des Lesens bei sonst intakter – oder im Verhältnis zur Lesefertigkeit relativ guter – Intelligenz“. (Diskrepanzdefinition)
In der Folge wurden Kinder, die ausgesprochene Schwierigkeiten ausschließlich beim Lesen und Rechtschreiben, nicht aber in anderen Fächern hatten, nicht mehr in „Sonderschulen“ beschult.
Legasthenie war vom medizinischen Krankheitsbild zur Lernstörung bzw. Teilleistungsschwäche geworden.
Legasthenie war vom medizinischen Krankheitsbild zur Lernstörung bzw. Teilleistungsschwäche geworden.
Zum Umgang mit den Begrifflichkeiten
Legasthenie und Lese-Rechtschreibschwäche wurden zeitweilig als Ausdruck für unterschiedlich starke Ausprägungen eines Phänomens verwendet.
1978 strich die KMK den Begriff „Legasthenie“ für den schulischen Gebrauch, um den Blick von der Pathologisierung der Lernschwierigkeiten auf Diagnostik und Therapie zu lenken.
1978 strich die KMK den Begriff „Legasthenie“ für den schulischen Gebrauch, um den Blick von der Pathologisierung der Lernschwierigkeiten auf Diagnostik und Therapie zu lenken.
Verwendete Begrifflichkeiten heute
Erlass (Niedersachsen): Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben
ICD-10: Lese- und Rechtschreibstörung (LRS) (F81.0)
ICD-10: isolierte Rechtschreibstörung (F81.1)
seit Januar 2022 wird zunehmend die Neuklassifikation der ICD-11 verwendet:
isolierte Lesestörung: 6A03.0
isolierte Rechtschreibstörung 6A03.1
sowie die Kombination aus beiden. (https://www.psychometrica.de/tls.html)
ICD-10: Lese- und Rechtschreibstörung (LRS) (F81.0)
ICD-10: isolierte Rechtschreibstörung (F81.1)
seit Januar 2022 wird zunehmend die Neuklassifikation der ICD-11 verwendet:
isolierte Lesestörung: 6A03.0
isolierte Rechtschreibstörung 6A03.1
sowie die Kombination aus beiden. (https://www.psychometrica.de/tls.html)
Definition
Nach ICD 10 eine umschriebene und bedeutsame Beeinträchtigung in der Entwicklung der Lesefertigkeiten, die nicht allein durch das Entwicklungsalter, Visusprobleme oder unangemessene Beschulung erklärbar ist.
Nach ICD 11 Eingruppierung als Lernstörung bei den "Neurodevelopmental Disorders" zusammen mit ADHS, Depressionen, Autismus, Tourette und Schizophrenie.
Das Diskrepanzkriterium wurde als diagnostisches Kriterium beibehalten, obgleich das nicht mehr von der Forschung unterstützt wird.
Nach ICD 11 Eingruppierung als Lernstörung bei den "Neurodevelopmental Disorders" zusammen mit ADHS, Depressionen, Autismus, Tourette und Schizophrenie.
Das Diskrepanzkriterium wurde als diagnostisches Kriterium beibehalten, obgleich das nicht mehr von der Forschung unterstützt wird.