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Challenge Day

by Regula Immler

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Challenge Day
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Ein Tag ausserhalb der Komfortzone
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28. März 2023
Ein Tag ausserhalb der Komfortzone
WURMSBACH – Challenge-Day. Nach der kollektiven Herausforderung am Blackout-Day stellen sich die Jugendlichen des Talent-Campus Zürichsee (TCZ) einer selbstgewählten, persönlichen Herausforderung, die sie aus der Komfortzone herausführen und im besten Fall an eine Grenze bringen soll. Impressionen aus dem ortsunabhängigen Resilienztraining.

Mark Riklin

Kurz vor dem Sprung vom 5-Meter-Turm. Was für den Beckenrandschwimmer gefährlich nahe an der Panikzone ist, ist für Wasserratten ein Kinderspiel. Wo die Komfortzone endet und die Challengezone beginnt, ist individuell so verschieden wie die Art der Herausforderung, die eine Person weiterzubringen vermag. «Eine Herausforderung hat dann die ideale Grösse, wenn die Chance, dass der Versuch gelingt, etwa gleich gross ist wie das Risiko, dass er scheitert», sagt Regula Immler, Leiterin Future Skills Ausbildung. Zwischen Über- und Unterforderung die richtige Dosis und Flughöhe zu finden, ist eine anspruchsvolle Kunst.

Ideenpool als Inspirationsquelle
Auf der Suche nach einer passenden Herausforderung dient den Jugendlichen der Futura und des Gymnasiums ein Ideenpool als Inspirationsquelle oder Sprungbrett, um
eine eigene Lösung zu (er-)finden. Ein paar Beispiele:
Bain de langue: mit dem 9-Uhr-Tagespass ins Welschland fahren, sich in Gespräche verwickeln und möglichst viele französische Sätze erproben. Digital Detox: Computer und Smartphone am Vorabend wegschliessen und einen komplett medienfreien Tag verbringen. Direttissima: auf der Landkarte zwei Punkte miteinander verbinden und möglichst auf direktem, umweglosem Weg erlaufen.
Eintages-Roman: einen inspirierenden Schreibort ausserhalb der eigenen Wände aufsuchen und einen Tag lang an einem Roman schreiben. Tauschhandel: den Wert eines Apfels im Laufe des Tages aufs 20-fache steigern und damit ein Mittagessen ertauschen. Öffentliche Probe: an einem öffentlichen Ort (z.B. in einem städtischen Park) ein Musikstück oder einen Tanz aufführen und Passanten um ein Feedback bitten. Tabula Rasa: das eigene Zimmer ausräumen und mithilfe der Marie-Kondo-Methode eine neue Ordnung schaffen.

Vom Walen- zum Zürichsee
MOLLIS. Bei leichtem Schneefall startete Seraina (15) ihre Challenge mit der Fragestellung, wie weit sie ihre Füsse an einem Tag wohl tragen würden. «Die ersten 40 Minuten waren die schwierigsten», erzählt sie in einem Podcast. «Wie soll ich das jemals schaffen?», habe sie sich auf den ersten Kilometern gefragt. Doch je weiter die passionierte Crossfitterin und Seglerin der Linth entlanglief, desto grösser wurde der Stolz, die Motivation und der Ehrgeiz, noch weiter zu laufen. Nach 7 Stunden tauschte sie in Wurmsbach die Regenjacke
gegen eine Nudelsuppe, die sie im Spint gelagert hatte, bevor sie sich wieder auf den Weg machte.

61800 Schritte an einem Tag
PFÄFFIKON. Nach 11 Stunden und 61800 Schritten dann die überraschende Antwort auf die Ausgangsfrage: Die Mindestvorgabe von 20 Kilometern hatte sie bei weitem übertroffen, einen Marathon von 42 Kilometern hingelegt und sich völlig überraschend einen Sonnenbrand eingehandelt. Die grösste Angst, es könnte auf dem Weg langweilig werden, sei überhaupt nicht eingetroffen. Im Gegenteil: Sie habe so viel erlebt und beobachtet, - die ersten Schmetterlinge, Mauersegler und Mehlschwalben, - dass sie ewig erzählen könnte.

Ohne Training 160 Rad-Kilometer
BERN. Auch David (14) wagte sich an eine körperliche und mentale Herausforderung. Bereits um 04:30 Uhr klingelte der Wecker, ein Teller Pasta sollte ihm die nötige Energie liefern, um die 160 Radkilometer von Bern nach Hinwil zu schaffen, und dies ohne grosses Training. «Meine Beine waren gut, ich kam flott voran», schreibt David in seiner Reflexion, «ab Baden kehrte die Topographie aber von vorwiegend runter auf vorwiegend rauf.» Kurz vor Dübendorf wurde ihm übel, auf einmal hatte er Schluckweh und Rückenschmerzen. «Ich bin stolz darauf, dass ich meinen Challenge mit einer Durchschnitts-Geschwindigkeit von 22km/h trotzdem vollumfänglich geschafft habe.»
24 Stunden offline
RAPPERSWIL. Aline (17) nutzte den Challenge-Day, um 24 Stunden offline zu verbringen. Den Vormittag verbrachte sie in einem Rapperswiler Café. «Ich bin stolz darauf, dass ich es gewagt habe, alleine in ein Restaurant zu gehen, ohne Gesellschaft zu frühstücken und mich nicht hinter dem Handy verstecken zu können», schreibt Aline im kollektiven E-Book. Am Nachmittag vertiefte sie sich in einer Bibliothek in ein Buch über das Thema «Bewusstein». Ein nächstes Mal würde Aline noch mehr Hürden einbauen, um den Challenge-Charakter zu steigern.

Bain de langue
NEUENBURG. Mehrere Jugendliche nutzten die Gelegenheit, um mit dem Zug in die italienische oder französische Schweiz zu fahren und ins Sprachbad einzutauchen. Elias (16) verschlug es nach Neuchâtel. «Dort angekommen habe ich nach einigem Zögern wildfremde Personen angesprochen, was sie an Neuchâtel schön finden. Nach den ersten 3-4 Gesprächen habe ich mich zu Fuss auf den Weg gemacht, um das empfohlene Landesmuseum zu besuchen, welches leider dienstags geschlossen hat. Nach weiteren Versuchen hat die Kontaktaufnahme immer besser funktioniert. Mühe hatte ich nur, in vollständigen Sätzen zu antworten. Wieder zuhause war ich froh, wieder Deutsch sprechen zu können.»

Create a Book in little time
MASELTRANGEN. Alan (16) startete den Tag in einem
Café mit dem Vorsatz, den eigenen Ideen freien Lauf zu lassen und in 6 Stunden ein Buch zu schreiben. «In den ersten zwei Stunden hatte ich dreimal von neuem begonnen, dann war der Akku leer.» Nachdem der Akku wieder aufgeladen war, habe er auf einer Wiese weitergearbeitet. «Ich habe unterschätzt, wieviel Zeit und Geduld es braucht, um ein Buch zu schreiben. Obwohl ich gerade mal ein Kapitel zustande gebracht habe, bin ich inspiriert und motiviert, weiterzuschreiben und noch mehr Zeit in dieses Projekt zu investieren.»

Hochtauschen
ZÜRICH. Timo (15) kaufte sich in Zürich einen Apfel, den er zu einem Mittagessen hochtauschen wollte. Viele Leute hatten es eilig und keine Zeit, sich auf ein Gespräch einzulassen. Am Ende des Experiments war Timo stolz darauf, sich getraut zu haben, 22 Leute anzusprechen. Und so wurde aus dem Apfel eine Banane und dann ein Bueno. Gegen Mittag schenkte ihm eine ältere Frau mangels Tauschobjekt eine Zehnernote, womit das Mittagessen auf einen Schlag geregelt war. Am Nachmittag wurde aus dem Bueno schrittweise ein Feuerzeug, ein Proteinriegel, zwei Redbull-Büchsen und schlussendlich eine 20er-Note, mit der Timo wieder nach Hause fuhr.

Acting outside the Box
WURMSBACH. Eine Woche später markieren die Jugendlichen im 3-Zonen-Modell mit einem roten Punkt, wie weit hinaus sie sich mit ihrer selbst gewählten Challenge im Future-Skills-Bereich Resilienz und Acting outside the Box gewagt haben. Je näher sie an den
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