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Netzinger Tageblatt

by WBGT20b

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Der Untertan
Tageblatt Netzing
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Alkohol, Kneipen und Studieren
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All das verspricht einem eine Studentenverbindung. Die Entwicklung dieser Verbindungen ist verblüffender als man denken mag, genau wie die stattlichen jungen Burschen, welche die Mitglieder bilden. Eine Studentenverbindung bringt den Mitgliedern Status, Zugehörigkeit, Stolz und je nach Verbindung auch Klasse.
Auch der junge Diedrich Heßling ist stolz, Mitglied in einer Studentenverbindung zu sein, der hochfeinen Neuteutonia. Er spricht von „größter Ehre“ Mitglied in dieser zu sein. Sie gibt ihm, neben seiner Kaisertreue, einen Sinn und wertet das nicht immer leichte Studentenleben auf. Während so manch einer nur seine wertvolle Zeit vergeudet, sind die stolzen Mitglieder der Neuteutonia schon am Kneipen. Man sollte nur achten, dass „Mann“ nicht ein Glas Kognak zu viel genießt, sonst könnt es ein böses Erwachen, oder eben gar kein Erwachen mehr geben. „Soll alles schon vorgekommen sein“, beteuerte uns Herr Heßling mit betroffener Miene und respektzollend für seinen gefallenen Kameraden.
Der köstliche Alkohol ist ein sehr großer Teil des Studentenlebens selbst wenn das Kneipen am Stammtisch am Abend zuvor zu viel war, wird man am nächsten Morgen zum Frühschoppen abgeholt. So war es auch bei Herrn Heßling, als er Konkneipant wurde und somit in der Verbindung aufgenommen ward.
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Oft gibt es auch eine Art Mentor für ein neues Mitglied der Verbindung. Bei Diedrich war es Wiebel. Nach eigenen Angaben ist diese hochfeine Persönlichkeit bereits seit mehreren Jahren Mitglied. Sein Vorhaben sei es, dem jungen Heßling Manieren und das richtige Benehmen für einen hochfeinen Mann beizubringen. „Und auch das Fechten darf nicht vernachlässigt werden“, denn die Neuteutonia ist eine schlagende Verbindung.
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So mancher Bericht, aus unserm Interview mit Herrn Heßling lässt darauf schließen, dass auch er schon die ein oder andere rasante Auseinandersetzung mit Mitgliedern anderer Verbindungen hatte. Sei es wegen köstlichen Alkohols, wegen wundervollen Frauen oder wegen beidem.
Man munkelt, dass manche Verbindungen sogar so einflussreich sind, dass man sich durch sie elegant aus dem Militärdienst schleichen kann. Dahingehend kann es also durchaus Sinn ergeben, seine Mitgliedschaft in einer Verbindung zu pflegen und diese erst als ranghohes, angesehenes Mitglied, nach dem Studium zu verlassen.
VON MORITZ AUE
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Glosse
DIE NEUTEUTONIA - EIN TOLLES VÖLKCHEN
Auch in den letzten Wochen vollzog die hoch wohlmutige Truppe neue Kameraden hinzuzugewinnen. Baldiger Doktorand Heßling wird das Gefolge doch mit guten Zeiten zum Kaiserwillen beglücken. Gut reinpassen tut er mit seinem Freund sofort. Und die Teutonia, die unser Vaterlande doch so sehr verehren und mit Blut und Stolz und Stärke von den niederen Gelüsten der Unterschicht befreien, dürfen sich den Wohl des Alkohols dafür genehmigen. Auf gut-ehrliche Taten folgen für alle Kaisertreuen auch gute Genüsse.
Das Bier ist und bleibt am Ende des Mannes bestes Glück!
Da brauchts doch gar kein Frauenbild, wenn es die Gefolgschaft gibt. Das weiß vor allem der „dicke Delitzsch“. Wohl gebaut und gleich am Tisch, so muss es doch sein!
Doch den Degen muss er führen können, nur dann ist er auch ein wahrer Herr. Und gut muss er es können, soll ja nicht ein Schwächling sein, wenn wir mit Freude unserm Felde dienen. Der Dienst ist nämlich genau so wichtig. Das ist, wo man drauf vorbereitet. Heute noch anfänglicher Student, morgen Gefreiter und Feldwebel dann am Abend, jawoll!
Allein schon die Kleider wissen das Militär als unser Wohl, unsere Mützen zeigen auf den Stolz unseres Reiches.
Also können die guten Männer der Teutonia frei die schönen Lieder unserer Nation singen und treffen auch mit Krug in der Hand jeden Ton, so ist´s und nicht anders!
Nicht diese Selbstdenker - der Wille des Volkes zählt ja, und somit dem des unseren treuen Kaisers Wilhelm!
Und wer den liebt, der ist bei der Teutonia in guter Gesellschaft. kommt an den Tisch. "Saufgelage" sagen sie, die hämisch sie verspotten. Doch den grölen sie entgegen gleich mit zwanzig Mann: “Zum Kaisers Freude!“
VON NATHALIE FLEMMING
Am gestrigen Abend passierte ein Unglück in der Papierfabrik von Herrn Doktor Heßling. Eine junge Arbeiterin geriet mit ihrem Arm in eine Stahlwalze und musste von Herrn Heßling selbst hinausgezogen werden. Ihr Arm wurde hierbei schwer verletz und die junge, vierzehnjährige Dame musste sofort ins Krankenhaus. Niemand weiß genau wie es zu diesem Unglück kommen konnte, aber man munkelt es könnte an mangelnden Sicherheitsvorkehrungen gelegen haben. Herr Heßling versicherte jedoch, dass er der jungen Dame, welche ihre Familie alleine versorgt, bis auf acht Wochen weiterhin ihr Gehalt ausgezahlt werde, danach müsse man sehen. Die Sicherheitsvorkehrungen werden derzeit von Herrn Fischer geprüft, sicherte uns Herr Doktor Heßling zu.
VON MORITZ AUE
Unfall in der Papierfabrik
Die letzte Feier Delitzschs - ein Nachruf
Delitzsch war eine humorvolle, tief entspannte, bewundernswerte Person und er konnte beim Kneipen fast jeden unter den Tisch trinken. Diese und viele andere wundervolle Eigenschaften machten ihn zu einem großartigen Mitglied der Neuteutonia.
Viele Abende vergingen, an denen sich der „dicke Delitzsch“, wie er genannt wurde, nur von seinem Stuhl erhob, um sich übers Becken der Wasserleitung zu beugen, wobei sich der Stuhl bei dieser Aktivität meistens mitdrehte. Aber singen, singen konnte er mit seinen weißen Fettwangen: ein wundervoller Gesang.
Wie auch Diedrich Heßling schon kurz nach der Aufnahme in unsere Verbindung bemerkte hatte, hatte Delitzsch etwas tief Beruhigendes an sich und selbst sein Hosenbund hing immer tief und entspannt herab, wie auch seine anschauliche Speckmasse über den Stuhlrand quoll.
Der Spaß hörte bei ihm erst auf, wenn ein junger Fuchs sich anmaßte sein Bierglas zu klauen: „Junge, dass de mir nischt verschüttest! Was entziehst de mir überhaupt mein Läbensunterhalt! Das ist ne ganz gemeine, böswilliche Existenzschädichung, und ich kann dich glatt verklaachen!“
Aber selbst nach solch dreisten Zumutungen ward er wieder ganz die Ruhe selbst, sobald er sein Bierglas wieder bei sich hatte: „De bist doch gutes Luder, de sollst läm, prost!“
Im Allgemeinen war der dicke Delitzsch immer eine gutmütige Person, die so ein frühes Ende nicht verdient hatte. Jetzt ist er hoffentlich an einem besseren Ort an dem er immer noch seine alten Kriegsgeschichten und lustige Anekdoten erzählen kann.
VON MORITZ AUE
Am gestrigen Abend passierte ein Unglück in der Papierfabrik von Herrn Doktor Heßling. Eine junge Arbeiterin geriet mit ihrem Arm in eine Stahlwalze und musste von Herrn Heßling selbst hinausgezogen werden. Ihr Arm wurde hierbei schwer verletz und die junge, vierzehnjährige Dame musste sofort ins Krankenhaus. Niemand weiß genau wie es zu diesem Unglück kommen konnte, aber man munkelt es könnte an mangelnden Sicherheitsvorkehrungen gelegen haben. Herr Heßling versicherte jedoch, dass er der jungen Dame, welche ihre Familie alleine versorgt, bis auf acht Wochen weiterhin ihr Gehalt ausgezahlt werde, danach müsse man sehen. Die Sicherheitsvorkehrungen werden derzeit von Herrn Fischer geprüft, sicherte uns Herr Doktor Heßling zu.
VON MORITZ AUE
Unfall in der Papierfabrik
Leserbriefe
Ich war höchstpersönlich dabei und habe somit miterlebt, was wirklich passiert ist! Es ist nämlich eine offensichtliche Offensichtlichkeit, dass Herr Heßling den Vorfall vertuschen möchte!
Es ist allen Mitarbeitern schon lange bekannt, dass die Sicherheitsvorkehrungen in dieser Fabrik einfach nicht mehr Zeitgemäß, wenn nicht sogar stark mangelhaft sind. Weder gescheite Einweisungen noch gescheite Geländer bekommt man. Es ist also wirklich kein Wunder, dass sich dieses arme Junge Mädchen fast ihren ganzen Arm verlor. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ein derartiger Unfall geschieht.
Also: Lasset uns die Wahrheit ans Licht bringen, bei einer Demonstration am folgenden Samstag!
OLE NIEGEL
Ich muss hiermit noch einmal mein Mitgefühl an die junge Mitarbeiterin geben. Es war ein herber Schlag für uns alle. Es war schrecklich mit anzusehen. Ich arbeite in diesem Job schon unzählige Jahre, bin Maschinenmeister und Vorarbeiter in der Heßligschen Papierfabrik, aber so etwas habe auch ich als sehr erfahrener Arbeiter noch nie gesehen. Es ist noch umso trauriger, da ich zuvor nichts von ihrer misslichen Lage wusste. Ihre Mutter ist sehr krank und ihre jüngeren Geschwister können auch kein Geld besorgen. Ich hoffe, dass Diederich Heßling bei seiner Meinung bleibt und ihr weiter ihren Lohn zahlt und sie auch danach nicht feuert. Ich bete für das Mädchen.
FISCHER alias LUKAS MAHNKOPF
Die neue Schule
Reportage
Wie sieht der Schulalltag unserer Kinder aus?
Was ist Schule? Dieses veraltete System wird derzeitig überarbeitet. Die Kinder sind unsere Zukunft also sollten wir mehr auf diese Generation achten und uns mehr um sie kümmern. Die Pädagogik und die Erziehung machen derzeit einen großen Schritt in Richtung Schule der Zukunft. Wilhelm von Humboldt setzt sich derzeit besonders für die Idee einer Einführung der Elementarschule ein, welche die jüngsten von ihnen lehrt. Zudem werden Gymnasien gebildet, um die Schüler auf ein Hochschulstudium vorzubereiten. Außerdem wirken sich die 1837 eingeführten Lehrpläne positiv auf das Lerngeschehen aus, da es der Willkür mancher Lehrer bei der Stoffwahl entgegenwirkt, und so auch bei Lehrerausfall der Unterrichtsstoff weiter durchgenommen werden kann. Es soll vor allem mehr auf den einzelnen Schüler zugegangen werden, sodass jeder die Möglichkeit hat, bessere Ergebnisse zu erzielen. Dies soll dadurch geschehen, dass die Klassengröße von derzeit von teils über 40 auf 20 reduziert werden soll, sodass der Lehrer mehr Zeit für den einzelnen Schüler hat und Fragen konkret beantworten kann. Vor allem auf dem Land soll sich in Zukunft was ändern, sodass dort nicht mehr alle Altersstufen in einem Raum unterrichtet werden, was aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Falls dies jedoch geschehen sollte, werden sich die Schulen aber mehr in Richtung Stadt verlagern, da dort mehr Platz für zusätzliche Räume ist. Auf Schülerinnen soll in Zukunft auch mehr eingegangen werden, obwohl dort kein Bedarf besteht, da sie ja sowieso nur in der Küche stehen und man hierfür keine besondere Bildung benötigt. Sollten diese jedoch Lehrerinnen werden, ist es ihnen untersagt zu heiraten.
VON MATS WIPPRECHT
Der Ordinarius betritt das Klassenzimmer, stellt sich vor den Katheder und richtet seinen Prüfenden, strengen Blick über die Klasse. Es herrscht völlige stille, alle erheben sich von ihren Stühlen, stehen starr da und die Blick sind nach vorne gerichtet. Die Primanen Schüler begrüßen ihren Lehrer. Die Klasse gleicht fast schon einer disziplinierten Militär Einheit. Aber wie sieht der Alltag eines Schülers wirklich aus?
In dieser Reportage beschäftigen wir uns genau mit dieser Frage. Die Schule ist angehalten, so zu unterrichten, dass die Schüler einen gesunden Respekt vor den Lehrer haben und dass der Alltag klar geregelt ist. Politische Werte und die richtige Einstellung dazu zu haben, ist wichtiger Bestandteil des Unterrichts. Deutschland ist geprägt von Monarchie und Militarismus. Diese konservative politische Haltung lässt sich auch in der Schule oft wiederfinden.
Außerdem sollte erwähnt werden, dass sich die meisten nicht aussuchen können, welche Schulform sie besuchen wollen. Der Bildungsgrad ist, trotz neu eingeführter Schulpflicht, immer noch abhängig vom Geldbeutel der Eltern. Die Schulpflicht umfasst neun Jahre Volkshochschule. Auf dem Land gibt es nur wenige Schulen, deshalb gibt es oft nur ein Gebäude mit einer Klasse die alle Altersstufen beinhaltet, dort gehen auch Mädchen und Jungen noch in eine Klasse, um Personal zu sparen. Denn eigentlich ist nicht üblich, dass gemeinsam unterrichtet wird. Es gibt eigene Klassenräume, manchmal auch Geschlechter getrennte Eingänge, um sie komplett von einander zu trennen.
Wer das Gymnasium besuchen will, muss dafür bezahlen. Deshalb sind auf höheren Schulformen Kinder aus wohlhabenden Elternhäusern unter sich und haben eher weniger Kontakt zu Kindern aus anderen Sozialschichten. Jedoch bewahrt sie das nicht vor der Stränge der Lehrer. Bei Fehlern und bei nicht Einhaltung von Disziplin und Ordnung, drohen Schläge und Prügel. Mit den Ordinarius ist nicht zu spaßen, sie beauftragen Schüler damit, herauszufinden was die andern Schüler von ihnen denken, wie sie genannt werden oder ob sie sich spöttisch hinter ihrem Rücken verhalten. Ganz anders die Einstellung zu Schülern die es nicht so einfach in ihrem Schulalltag haben, aufgrund von Ärger, Hänseleien mit anderen Kindern oder anderen Schwierigkeiten. Es gilt als Zeichen der Schwäche und wird ignoriert oder sogar unterstützt. Rassismus und Antisemitismus spielen auch schon eine Rolle. Schule ist da keinesfalls ein Ort wo man sich wohlfühlt oder ein offenes Ohr findet. Viele Kind beschreiben Schule als einen furchtbaren und verschlingenden Ort. In der Hierarchie der Schule stehen die Schüler definitiv ganz unten. 
VON MIKA HEUER
Reportage
Wie sieht der Schulalltag unserer Kinder aus?
Der Ordinarius betritt das Klassenzimmer, stellt sich vor den Katheder und richtet seinen Prüfenden, strengen Blick über die Klasse. Es herrscht völlige stille, alle erheben sich von ihren Stühlen, stehen starr da und die Blick sind nach vorne gerichtet. Die Primanen Schüler begrüßen ihren Lehrer. Die Klasse gleicht fast schon einer disziplinierten Militär Einheit. Aber wie sieht der Alltag eines Schülers wirklich aus?
In dieser Reportage beschäftigen wir uns genau mit dieser Frage. Die Schule ist angehalten, so zu unterrichten, dass die Schüler einen gesunden Respekt vor den Lehrer haben und dass der Alltag klar geregelt ist. Politische Werte und die richtige Einstellung dazu zu haben, ist wichtiger Bestandteil des Unterrichts. Deutschland ist geprägt von Monarchie und Militarismus. Diese konservative politische Haltung lässt sich auch in der Schule oft wiederfinden.
Außerdem sollte erwähnt werden, dass sich die meisten nicht aussuchen können, welche Schulform sie besuchen wollen. Der Bildungsgrad ist, trotz neu eingeführter Schulpflicht, immer noch abhängig vom Geldbeutel der Eltern. Die Schulpflicht umfasst neun Jahre Volkshochschule. Auf dem Land gibt es nur wenige Schulen, deshalb gibt es oft nur ein Gebäude mit einer Klasse die alle Altersstufen beinhaltet, dort gehen auch Mädchen und Jungen noch in eine Klasse, um Personal zu sparen. Denn eigentlich ist nicht üblich, dass gemeinsam unterrichtet wird. Es gibt eigene Klassenräume, manchmal auch Geschlechter getrennte Eingänge, um sie komplett von einander zu trennen.
Wer das Gymnasium besuchen will, muss dafür bezahlen. Deshalb sind auf höheren Schulformen Kinder aus wohlhabenden Elternhäusern unter sich und haben eher weniger Kontakt zu Kindern aus anderen Sozialschichten. Jedoch bewahrt sie das nicht vor der Stränge der Lehrer. Bei Fehlern und bei nicht Einhaltung von Disziplin und Ordnung, drohen Schläge und Prügel. Mit den Ordinarius ist nicht zu spaßen, sie beauftragen Schüler damit, herauszufinden was die andern Schüler von ihnen denken, wie sie genannt werden oder ob sie sich spöttisch hinter ihrem Rücken verhalten. Ganz anders die Einstellung zu Schülern die es nicht so einfach in ihrem Schulalltag haben, aufgrund von Ärger, Hänseleien mit anderen Kindern oder anderen Schwierigkeiten. Es gilt als Zeichen der Schwäche und wird ignoriert oder sogar unterstützt. Rassismus und Antisemitismus spielen auch schon eine Rolle. Schule ist da keinesfalls ein Ort wo man sich wohlfühlt oder ein offenes Ohr findet. Viele Kind beschreiben Schule als einen furchtbaren und verschlingenden Ort. In der Hierarchie der Schule stehen die Schüler definitiv ganz unten. 
VON MIKA HEUER
Große Demonstrationen von Arbeitslosen
Leitartikel
Arbeitslose Protestierende zwingen Kaiser aus dem Schloss

Am Schloss versammelten sich viele Arbeitslose, um für Brot und Arbeit zu demonstrieren. VON NIKLAS RÖSEMANN
In Berlin versammelte sich am 26. Februar eine große Menschenmenge unter den Linden. Schon zuvor waren einzelne Demonstranten unter den Linden präsent, jedoch waren sie noch nicht zielbewusst. Im Regen und in schäbigen Klamotten marschierten sie in Richtung Schloss. Die örtlichen Schutzleute verhielten sich zuvor passiv gegenüber den Demonstranten. Am 26. allerdings marschierten sie zum Schloss. Die örtlichen Schutzleute versuchten daraufhin, die Demonstranten zurückzudrängen. Auf die Aktionen der Schutzleute reagierten die Demonstranten, indem sie sich in Seitenstraßen aufteilten und sich anderorts treffen, um weiter auf das Schloss zuzumarschieren. Dies wiederholte sich für eine lange Zeit. Die Demonstranten hatten Banner mitgebracht und brüllten die Wörter „Brot“ und „Arbeit“. An anderen Orten kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Arbeitern und der Polizei. Es kamen auch Ausrufe, die Gewalt sei auch gegen Juden. Später erschien auch Kaiser Wilhelm persönlich auch einem Pferd. Viele bewundern ihn und hoffen, dass er der Demonstration ein Ende bringt, jedoch hat seine Anwesenheit nicht viel an der Stimmung der Arbeitslosen geändert.
In diesem Februar kam es in Berlin immer öfter zu größeren Versammlungen von Arbeitslosen. Das war wohl der Anfang einer großen Protestbewegung. Am 26. schien die Lage dann zu eskalieren: immer mehr Menschen schlossen sich den Arbeitslosenprotesten an. Die Wut entwickelt sich zu Gewalt gegen Staatsoberhäupter und auch unbeteiligte Dritte wurden durch den Protestzug geschädigt.
Angefangen hat alles mit kleinen harmlosen Protestgruppen die vor dem Schloss des Kaisers ihren Unmut kundtun wollen. Jedoch wurde die Bewegung aufgrund der momentanen hohen Arbeitslosenzahl und schlechten Versorgung im Kaiserreich, immer größer. Die Proteste richten sich gegen den Kaiser und seine Politik. Die Menschen versammelten sich vor dem Schloss und schrien: „Brot! Arbeit!“. Der Platz vor dem Schloss ertrank in der Menschenmenge. Unzählige Banner stachen in den Himmel mit der selben Forderung. Menschen fingen an, in die Geschäfte einzudringen und ihre Wut darin auszulassen und plünderten was sie konnten.
Jedoch nahm dieser Protesttag eine überraschende Wendung, denn es schien so als hätten die Proteste Gehör gefunden. Denn sie haben ihn raus geholt! Kaiser Wilhelm hat sein Schloss verlassen. Auf einem Pferd kam er geritten, stieß er in die Menschenmenge vor und zog eine Schneise in die Menge. Die Menschen konnten die Anwesenheit des Kaisers förmlich spüren, so schien es. Mit dem Kaiser erschienen auch seine treuen Anhänger und ermutigte seine Untertanen. Sie schlugen Andersdenkende und Kritiker zu Boden. Das bloße Auftreten des Kaiser reichte, um die Proteste nahezu aufzulösen. Unter seinen Untertanen kam das Gefühl auf, den sogenannten inneren Feind, mithilfe des Kaiser höchstpersönlich zu vernichten. Der Protest schien sich langsam aufzulösen und der Kaiser kehrt durch das Brandenburger Tor zurück zu seinem Schloss
Was können wir aus diesen Ereignisse schlussfolgern? Der Kaiser kann durch seine Stellung als Monarchist eine enorme Macht und vor allem Ausstrahlung verteilen. Trotz einer recht großen Menschenmenge von Demonstranten ist es ihnen nicht gelungen, etwas an der Situation zu ändern. Selbst als der Kaiser mittendrin stand, traut sich niemand gegen ihn vorzugehen oder ihn persönlich mit seinem Unmut zu konfrontieren. Im Gegenteil: mit seiner bloßen Anwesenheit macht er den Prosteten ein Ende, seine Gefolgsleute sind treue Untertanen die er fest im Griff hat. 

VON MIKA HEUER
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