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Lisa Krause und der Wald.

by Doris Sprengel

Pages 4 and 5 of 13

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Kennengelernt habe ich Lisa Krause bei einer Suche nach Geistern in Caputh.
Gespenster spielten eine große Rolle in diesem Dorf. Als ich aus Berlin hierher zog, war ich nicht in der Lage, Caputh richtig auszusprechen. Mir wurde gesagt, dass ich, wenn ich den Namen nicht richtig ausspreche, auch kein Teil von Caputh werden könnte. Ich fühlte mich fremd. Ich bin in Bayern geboren und habe oft den Wohnort gewechselt. Wenn ich hier ein Gespräch begann, kamen wir oft auf den gescheiterten Sozialismus zu sprechen. Gespräche entwickelten sich am Gartenzaun.
Einem Nachbarn fiel auf, dass ich oft zuhause was. Er sprach mich an und fragte mich, ob ich aus dem Westen käme. Ich fühlte mich ertappt und bejahte. Er meinte, wir Frauen aus dem Westen wären alle Hausfrauen. Ich war wütend, total aufgebracht. Schließlich arbeitete ich ja, nur nicht richtig sichtbar. Andere beschwerten sich über die „Muttis“, die nur zuhause blieben. Ich verfiel in eine nostalgische Sehnsucht. Ich erinnerte mich an meinen Heimatort in der Oberpfalz. Das Dorf war von dunklen Wäldern umgeben. Ich ging als Kind immer dorthin, an den Waldrand. Weiter war es mir nicht erlaubt. Durch die Baumstämme sah ich nur Wurzeln und Steine, nadeligen Boden. Die Dunkelheit war aufregend, undurchdringlich, fremdartig. Es herrschte eine ahnungsvolle menschenlose Stille. Meine Mutter starb und wir zogen davon. Kein Wald tauchte mehr in meinem rasanten, flüchtigen Leben auf. Man zog von Stadt zu Stadt. Omas und Opas wurden begraben. Freundinnen gleichfalls.
So landete ich mit meiner neuen Familie in Caputh. Damals tauchten die ersten Gespenster auf. Was bedeutete dieser Ortsname? Ich befand mich auf der Bremsspur, jemand hatte eine Wand errichtet, hier war Ende, gleich da war der Wald. Es passte, dass in irgendeiner Urkunde von irgendeinem Markgrafen Waldemars 1317 das Dorf „Capputh“ zum ersten Mal eine Erwähnung fand. Wir lachten, wir fühlten uns selbst „capputh“ und übten gackernd die Aussprache. Das Wort stammte laut Wikipedia aus dem slawischen Wort „Kopyto“ und sollte „Huf“ bedeuten.
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