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Der Umgang mit Trauer und Tod im Judentum am Beispiel der Geschichte Würzburgs

by Talia Bender, Caroline Eichwald

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Der Umgang mit Tod und Trauer im Judentum
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am Beispiel der Geschichte Würzburgs
Jüdische Friedhöfe - Besonderheiten
Wenn ein neuer Friedhof angelegt wird, muss dieser drei Voraussetzungen erfüllen:

1. Er muss von einer hohen Mauer umzogen sein, die die Welt der schlafenden und wartenden Verstorbenen von der "echten" Welt trennt.

2. Bei Anlegen des Friedhofes muss auf eine ruhige Umgebung ohne nahe gelegene Straßen oder andere Lärmquellen geachtet werden. (Der Bau einer Straße nach Errichtung des Friedhofes ist jedoch trotzdem erlaubt.)

3. Der Friedhof wird auf ewig angelegt, kein Grab wird verlegt oder neu belegt, und für keines der Gräber muss von Angehörigen Gebühr gezahlt werden.
Bei den Juden gilt ein Friedhof als Ort der Ewigkeit und des Lebens. Ein jüdischer Friedhof wird auf ewig angelegt und kein Grab wird verlegt oder aufgelöst, da die Verstorbenen in ihren Gräbern schlafend auf dem Tag der Auferstehung, den `jüngsten Tag` warten.
Lageplan jüdischer Friedhof Lengfeld
Der erste jüdische Friedhof in Würzburg — verborgen unter dem Juliusspital
Die ersten Belege für jüdisches Leben in Würzburg gehen auf das 12.Jahrhundert zurück. So ist der älteste in Würzburg gefundene Grabstein auf das Jahr 1137 datiert.

Zur Zeit des ersten Judenpogroms in Würzburg im Jahre 1147, bestattete der christliche Geistliche Friedrich von Truing verstorbene Juden in seinem Garten. Dieser Garten entwickelte sich im Laufe der Zeit zum ersten jüdischen Friedhof in Würzburg.

Als die Juden in den Jahren 1560/61 aus Würzburg vertrieben wurden, verwilderte der Friedhof. Zusätzlich dazu wurden viele der Grabsteine aufgrund ihrer geeigneten Form beim Bau verschiedener Gebäude verwendet.
Innenhof des Juliusspitals
Eigentlich sind jüdische Friedhöfe für die Ewigkeit angelegt. Trotz dieses Grundsatzes Vorgeschichte und kaiserlicher Proteste wurde am 12.03.1576 der Grundstein des nach Julius Echter benannten Juliusspitals gelegt. Die Einweihung erfolgte am 10. Juli 1580.

Das Juliusspital wurde bei dem Angriff auf Würzburg am 16.03.1945 zwar zerstört, jedoch erneut aufgebaut.

Im Jahr 1987 wurden beim Umbau eines Hauses dessen Wänden die lange verlorengeglaubten Grabsteine entdeckt. Der Umbau wurde eingestellt und ein großer Teil der Steine entnommen. Diese Steine werden bis heute im "Shalom Europa" ausgestellt.

Der ehemalige Friedhof erhielt am 29.11.2013 ein Denkmal im Innenhof des Juliusspitals.
Das Denkmal im Juliusspital - Erinnerung an den ersten Friedhof
Der Würfel: Wenn auch nur auf einer Spitze
balancierend ist er die Basis der Skulptur. Er steht für
das historische Gebäude der Stiftung Juliusspital.
Die Stele: Tief eingeschnitten in der Würfel. Sie symbolisiert die Grabsteine des Jüdischen Friedhofs, die - ohne Beachtung des religiösen Ewigkeitskontextes - dem Spitalbau weichen mussten .
Der Ring: Gilt als markantes Zeichen im Familienwappen des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn, dem Gründer der Stiftung.
Die Verbindung und unlösbare Verknüpfung dieser drei Elemente bringt ihre wechselseitige Bedingtheit zum Ausdruck
Bestattung nach jüdischem Ritus
Der Verstorbene wird traditionell innerhalb von 24 Stunden nach dem Tod beerdigt, eine Ausnahme bildet dabei jedoch der Shabbat.
Die Bestattung beginnt mit der rituellen Reinigung, bei der der Tote mit dem Kopf nach Osten auf der Tahara gewaschen werden. (Heilige Gesellschaft aus Frauen wäscht Frauen; Heilige Gesellschaft aus Männern wäscht Männer). Dabei sind immer so viele Personen anwesend, wie für einen respektvollen Umgang mit dem Toten benötigt werden. Gereinigt wird der Tote indem er drei mal mit Wasser übergossen wird - ein Mal auf dem Rücken liegend und je ein Mal auf der Seite. Währenddessen wird darum gebeten, dass der Verstorbene allen verzeiht, dann, dass ihm von Gott verziehen wird. Sollte der Tote sich zu Lebzeiten nicht angemessen verhalten haben, wird an seinen Namen ein weiterer gehängt, damit Gott ihn nicht erkennt.
Was sind Ziziot?
Beerdigt wird der Verstorbene in der Sarche (ein weißes Hemd). Männer tragen zusätzlich den Tallit, jedoch ohne die Ziziot. Der Tote braucht sich nicht mehr an die Gesetze halten.
Anders als im Christentum bleibt der Sarg während des Abschiednehmens geschlossen. Da es eine große Ehre ist den Sarg zu tragen, wechseln sich die Anwesenden damit ab. Bei jedem Wechsel wird der Sarg dreimal hart abgesetzt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es früher manchmal dazu kam, dass scheintote Personen versehentlich beerdigt wurden. Durch das harte Absetzen sollte die Person in so einem Fall geweckt werden. Unterwegs halten die Anwesenden wiederholt an, um den Abschied hinauszuzögern. Erst wenn das Grab wieder mit Erde gefüllt ist, wird ein Gebet gesprochen, wobei immer eine Gott lobende Strophe gewählt wird.
Trauerzeiten
Auf die Beerdigung folgt die Trauerzeit, welche je nach Verhältnis zum Verstorbenen unterschiedlich lange dauert.

Die erste Trauerzeit heißt Schiv´ah, und dauert sieben Tage. Während dieser Zeit tragen die Trauernden nur einfache Kleidung und gehen nicht zur Arbeit, sollte dies jedoch nötig sein, darf die Arbeit nach nur drei Tagen wieder aufgenommen werden. Wenn die Trauernden Besuch bekommen, muss dieser schweigen, bis der Trauernde von sich aus spricht und dadurch das Thema festlegt. Jedoch ist der Trauernde nicht dazu verpflichtet mit Besuchern zu reden.
Die zweite Trauerzeit, die Scheloschim, endet nach insgesamt 30 Tage und gilt nur noch den Verwandten mit Ausnahme der Eltern.
Die dritte Trauerzeit, die ´Avelut betrifft ausschließlich die Eltern des Verstorbenen und dauert, gemessen vom Todestag, 12 Monate.

Erst nach Ablauf dieser Trauerzeit wird üblicherweise der Grabstein aufgestellt.
Informationstafel im Shalom Europa
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