Zwischen Fussballeuphorie und Menschenrechtsskandal

Katar 2022

Die ca. 2 Millionen Gastarbeiter, größtenteils aus Indien, Nepal und Bangladesch, arbeiteten unter menschenunwürdigen Bedingungen an den Stadien und der Infrastruktur. Unter sengender Hitze verrichteten sie Schwerstarbeiten und viele fanden den Tod. Viele waren in heruntergekommenen und überfüllten Unterkünften untergebracht. Durch die schlechte Bezahlung, die auch zeitweise mehrere Monate aussetzte und bis heute nicht nachgeholt wurde, konnten sich die Arbeiter nur das Nötigste an Essen kaufen. Dadurch wurden sie schwächer und schwächer und starben offiziell an

Die Arbeiter entkamen allerdings nicht aus ihrer misslichen Lage. Zu ihren Arbeitsverträgen gehörte oft die Einziehung der Reisepässe, um die Arbeiter zu binden. Bei Krankheit sollen die Arbeitskräfte sogar gezwungen worden sein draußen bei 40 Grad Celsius zu verweilen.

Keine 9 Monate mehr, dann beginnt die Weltmeisterschaft 2022. Doch diese WM ist keine WM wie die anderen. Statt grenzenloser Fußballvorfreude herrscht bei vielen Fans eher Verwirrung, Frust und Fassungslosigkeit. Grund dafür ist die umstrittene Austragung in Katar. Ein Land, das bisher mit Fußball nicht viel zu tun hatte. Wie konnte es passieren, dass sich die FIFA für ein Land entschieden hat, bei dem die WM im Winter ausgetragen werden muss, Menschenrechte missachtet werden und das für eine Austragung einer WM nicht weniger geeignet sein könnte?

Khalifa International Stadium World cup Qatar

Katar rückte zudem in Kritik, da es für die Handballnationalmannschaft wenig gute Spieler hatte und sich somit entschied Spieler aus anderen Nationen mit Geld zu locken, damit diese sich einbürgerten und im Trikot von Katar aufliefen. Der große Erfolg mit dem Einzug ins Finale der Weltmeisterschaft 2015 im eigenem Land lässt vermuten, dass diese Taktik auch im Fußball angewendet wird.

Doch dem ist zum Glück nicht so. Durch strengere Richtlinien der FIFA wurde dies verhindert. Zwar gibt es auch im Fußball Spieler, die nicht in Katar geboren wurden, doch diese Spieler gibt es in fast jeder Nationalmannschaft. Zudem gibt es keine Spieler, die fast nichts mit Katar zu tun haben, wie der Handballspieler Žarko Marković, der zunächst für Montenegro spielte und nun für Katar.

2020 wurden erneut Gesetzte in Katar verabschiedet, die die Lage der Arbeiter nun erheblich verbessert haben sollen. Ein neuer Mindestlohn von 1000 QAR im Monat wurde eingeführt, dies entspricht in etwa 255 Euro und ist eine enorme Verbesserung zu dem Mindestlohn von 180 Euro von 2018. Zudem können Arbeitnehmer nun mit einiger Kündigungspflicht selbst den Arbeitgeber wechseln und kündigen, was vorher nicht möglich war. Die ILO beruft diese Erfolge auf die gute Zusammenarbeit zwischen Katar und sich selbst. Diese Änderungen sind sehr gut, werden allerdings weiterhin nicht von allen eingehalten und kamen viel zu spät. Manche Arbeiter haben trotzdem bis heute nicht alles Geld erhalten und viele ließen ihr leben. Das Wegschauen der FIFA und der ILO werden dadurch nicht ungeschehen, egal wie sehr sie sich für diesen Erfolg rühmen und die Frage nach einem Boykott bleibt bestehen.

https://www.printplanet.de/wissenswertes/themen/sport/die-vergabe-der-wm-austragungslaender-einfach-erklaert

https://www.rnd.de/sport/fussball-wm-2022-warum-in-katar-war-die-wm-vergabe-gekauft-JWKIH3I7MBEAPB4ENUHMUYYHGY.html

„[…] Oft treffen Boykotte die Falschen. Zum Beispiel bin ich immer dafür, kulturellen Austausch gerade auch mit autoritär regierten Ländern durchzuhalten […]. Über eine Fußball-WM wird man keinen Austausch mit der Bevölkerung erreichen können. Dieses glamouröse Event findet in einer Sonderzone weit ab vom Alltag der Menschen statt. Boykotte treffen hier wohl wirklich primär die Herrschaftselite. Dagegen ist nichts einzuwenden. Unmittelbaren Nutzen für die Bevölkerung sollte man sich von Boykotten aber auch nicht versprechen. Etwaige positive Folgen sind eher indirekter Art und treten oft eher langfristig ein. Dazu braucht es aber internationalen Druck, der durch die Boykott-Kampagne befeuert wird.“

Inhaber des Lehrstuhls für Menschenrechte und Menschenrechtspolitik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Was verbinden sie allgemein mit Welt- und Europameisterschaften im Fußball?

Machen sie sich kurz Gedanken dazu und blättern sie dann um.<br/>

Werdet ihr die Weltmeisterschaft 2022 in Katar boykottieren?

„Ich habe sehr viel Sympathie für einen weitreichenden Zuschauerboykott. Die Vorstellung, wonach der Sport die Menschen zusammenbringen und zu Völkerfreundschaft und Frieden beitragen könnte, hat mit der Wirklichkeit nicht mehr viel zu tun. Man denke nur an die Olympischen Spiele im technologischen hochgerüsteten Polizeistaat China.“

Träger eines Bundesverdienstkreuzes erster Klasse

Mindestens 15.000 Menschenleben hat der Stadionbau in der Stadt Doha gekostet, tausende von anderen Menschen leiden wie Sklaven unter den Arbeitsbedingungen. Damit ein Spiel der WM ausgetragen werden kann, mussten dementsprechend mindestens 234 Arbeiter sterben. Diese Zahlen und Fakten sind skandalös. Sie erschüttern, zermürben und lassen daran zweifeln, wie die Weltmeisterschaft wird. Wie können wir Fahnen schwingen, mitfiebern und für unser Land jubeln, wenn uns gleichzeitig das Ausmaß der Situation und der Preis, der für diese WM gezahlt werden musste, bewusst sind?

&nbsp;„[...] Vermutlich wird der DFB sich das geschäftsfördernde Spektakel nicht entgehen lassen. Allein die Diskussion über einen möglichen Boykott hat aber schon Einiges gebracht. Nie stand das Land so im Rampenlicht wie dies jetzt. Über die Verletzung von Arbeitsrechtsnormen, Ausbeutungsverhältnisse nahe an der Sklaverei, die Entrechtung ausländischer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen wissen jetzt viele Menschen Bescheid. <em>[...]</em>“

Einer der führenden Menschenrechtsexperten Deutschlands

Nun sind sie ausreichend über die verhängnisvolle Situation in Katar informiert. Doch abschließend haben wir uns die Frage gestellt, wie die Meinung der Bevölkerung zu dieser Thematik ist. Deswegen haben wir Schüler der Q1, Menschen im Internet und einen bekannten Menschenrechtler gefragt!

Wie stehen sie persönlich zu einem Boykott der WM 2022 in Katar?

Umfrage zur Fußball-WM in Katar 2022

Das Vergabesystem der FIFA ist schnell und einfach erklärt. Einige Jahre vor der Austragung der WM können sich Länder als Austragungsort bewerben. Die 12 Vertreter der FIFA stimmen dann ab. Bei Gleichstand zählt die Stimme des Präsidenten doppelt. Ist immer noch kein Sieger ermittelt, wird in jeder Runde das Land mit den wenigsten Stimmen aus der Abstimmung genommen. Das Land, das am Ende am meisten Stimmen hat, darf die WM bei sich austragen, was dem Land sowohl Image als auch Geld einbringt.&nbsp;

Schlussendlich ergibt sich, dass die Menschen sehr unterschiedliche Meinungen zu einem Boykott der WM 2022 in Katar haben. Jeder muss schlussendlich selbst entscheiden, ob und inwiefern er an einem Boykott teilnehmen möchte. Die Machenschaften der FIFA und der ILO werden vermutlich nie ganz aufgeklärt werden. Klar ist jedoch, dass das Land Katar als Austragungsland der WM leider alles andere als geeignet ist und die Vergabe an dieses ein Riesenskandal ist, den die Fußballwelt und die Menschheit so schnell nicht vergessen werden. 

<br/>ZWISCHEN FUßBALLEUPHORIE UND MENSCHENRECHTSSKANDAL

Offiziell viel, doch in Wirklichkeit wenig.

Mehrere Reformen, wie die Abschaffung des Kafala-Systems 2014, einem System was es Arbeitgebern erlaubt ausländische Arbeitskräfte sehr stark an sich zu binden, das 2015 eingeführte elektronische Bezahlungssystem und das 2018 gegründete Beschwerdekomitee erreichen kaum bis gar keinen Fortschritt. 2018 wurde erneut verkündet das Kafala-System abzuschaffen, dies wurde bis heute allerdings noch nicht gänzlich geschafft. Das Bezahlsystem half nicht wirklich und bis heute sind viele Monate noch nicht bezahlt wurden. Das Beschwerdekomitee, das sich innerhalb von drei Wochen eigentlich um die Beschwerden der Arbeiter kümmern soll, bearbeitet viele nicht und half wenig bis gar nicht das Leid der Arbeiter zu senken.

Wieso unternahm die Internationale Arbeitsorganisation nichts ?

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) ermittelte zunächst gegen Katar. Doch nach den weitreichenden Zusicherungen Katars 2018 zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die allerdings unter den eigentlich geltenden Richtwerten der ILO lagen, stellte diese das Verfahren ein. Dies könnte etwas mit den 25 Millionen Dollar zu tun haben, die Katar dem ILO zahlte. Die ILO streitet dies jedoch ab.

Doch wo ist jetzt schlussendlich das Problem? Warum wird so viel wegen der WM diskutiert und in hohem Maße für einen Boykott geworben? Klar, eine WM im Winter fühlt sich nicht gleich an, ein Land ohne Fußballkultur ist nicht optimal und Korruption ist auch nicht so schön. Aber tatsächlich sind diese Aspekte nicht die Hauptgründe dafür, dass eine Welle von Verzweiflung und Negativität durch die Fußballwelt rollt. Der wahre Grund dafür liegt woanders, und handelt von Ausbeutung, Menschenrechtsverletzungen und Tod. Wie ist die wahre Situation hinter der Fassade in Katar, und wie sinnvoll ist ein Boykott? 

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